Dienstag, 14. Dezember 2021

Weihnachtsgeschichte 2021 - Teil 7


 

 Shadow merkte sehr schnell, dass Cara es ernst gemeint hatte. Sie brachte ihm viele neue Wörter bei und übte mit ihm viele Stunden am Tag. Manchmal war er davon so müde, dass er sogar das Abendessen verschlief - was für einen kleinen Kobold ganz ungewöhnlich war, denn die haben immer Hunger. Wenn er dann mal versuchte, in seinem Kobold-Handbuch zu lesen, dann war er so unkonzentriert, dass er manche Seiten mehrmals lesen musste und dann trotzdem schnell wieder vergaß, was er gelesen hatte. Zu den Geschichten über die magischen Wesen kam er überhaupt nicht, das machte ihn traurig - er wollte doch so gerne mehr über den magischen Rat erfahren. Schon die Einleitung hatte sich so spannend gelesen - wie die einzelnen Wesen ihre Abgesandten für den magischen Rat auswählten, wie der magische Rat sich zusammensetzte, wann der Rat tagte und wer den Vorsitz führte. Und wie es um die Schaffung und die Erhaltung der Magie bestellt ist. Doch trotz der Spannung und seinem Interesse schaffte Shadow es nicht, seinem Lernpensum gerecht zu werden und dann noch zu lesen.

Einmal beim Frühstück bemerkte sogar die Menschenfrau, dass etwas nicht stimmte. Er war vor lauter Müdigkeit beim Trinken eingeschlafen und hatte seinen Becher umgestoßen. Die ganze Milch floss auf den Boden und der Becher war kaputt. Die Menschenfrau rief nach Cara und sagte zu ihr: "Der Kleine ist so erschöpft, Du musst langsamer machen und ihm Pausen gönnen. So kannst Du nicht weitermachen!" Cara schien überrascht. Sie schaute Shadow fragend an und ganz kleinlaut gab er zu, dass ihre Ansprüche und das Tempo zu hoch für ihn waren. Er bemühte sich ihr zu erklären, dass sie doch so viel Zeit hätten und es viel schöner wäre, wenn sie wieder zu ihrem alten Lernplan zurückkehren könnten.

Cara seufzte einmal und verschwand einfach, ohne etwas dazu zu sagen. Shadow blieb mit dem Gefühl zurück, er hätte sie enttäuscht. Wobei er nicht verstand, was Cara so antrieb und warum sie immer mehr mit ihm zaubern wollte. Besonders da er jetzt Zauberworte lernte, für die er keinen Verwendungszweck fand. Schon das Üben war schwierig. Als Cara ihm "OPRI" erklärt hatte, da stoppte er mit dem Wort einen Vogel im Flug. Das sah zwar im ersten Moment sehr lustig aus, aber der Vogel tat ihm auch leid. Erst als Cara "DEPARTE" sagte konnte der Vogel weiterfliegen. Cara erklärte ihm, es wäre immer gut, etwas stoppen zu können - aber es wäre nicht gut, den Zauber unkonzentriert zu benutzen. Außerdem solle er immer warten, bis sie ihm etwas zeigte, an dem er die neuen Zauber ausprobieren konnte.

Bei manchen Zaubern fiel ihm die Konzentration aber sehr schwer - wie bei "DISAPRE". Damit konnte er etwas das er gerade anschaute, verschwinden und an dem Ort wieder auftauchen lassen an den er gerade dachte. Dabei passierten ihm ganz viele Unfälle. Er sollte eine Karotte im Garten verschwinden und in der Küche wieder auftauchen lassen. Aber er war so müde und konnte sich nicht auf die Küche konzentrieren. Er dachte immer nur an sein gemütliches Kissen unter der Treppe. So verschwanden zwar alle Karotten aus dem Garten, aber in der Küche tauchte keine davon auf ... die lagen alle dort, wo er gerne gelandet wäre. Bei den nächsten Versuchen konnte er sich nicht auf die Karotte konzentrieren und ließ seinen Blick gen Himmel schweifen. Zwar klappte es diesmal mit dem Auftauchen in der Küche, aber die Wolke sollte dort nicht hin.

Überhaupt waren fast alle neuen Zauber mit hoher Konzentration verbunden und Shadow hatte einfach keine Lust mehr darauf. Teilweise war er ganz sicher, dass es einfach auch daran lag, dass er ein Kobold war und keine Elfe - so ganz ohne Unsinn und Schabernack fehlte ihm etwas. Und manchmal strengte er sich so an und dann passierte erst recht etwas ganz koboldhaftes. Cara lachte dann immer und auch die Menschen hatten viel Humor. Shadow bemühte sich wirklich zu helfen. Er sah jeden Tag, wie sich die Menschen freuten, wenn Cara ihnen Gesellschaft leistete und mit einem leisen Wort und einer kleinen Geste eine Wunde heilte oder eine kranke Pflanze wieder zum Blühen brachte. Er wollte auch so sein.

Der kleine Kobold gab sich viel Mühe und wollte gerne alles tun, was Cara ihm sagte. Gerade jetzt wo die Tage so spürbar kürzer wurden und der erste Schnee fiel, da wollte er helfen den Menschen das Leben zu erleichtern. Er wollte nicht nur das Feuerholz zerkleinern, er überlegte sich, es wäre gut, wenn er das Holz auch einfach ins Haus wünschen könnte. Ohne mit Cara zu sprechen probierte er es einfach aus. Was für ein lautes Getöse als der Kamin kaputt ging - weil er das ganz Holz hineingewünscht hatte. Nur gut, dass Cara den größten Schaden beheben konnte. Alle sagten ihm er würde genug tun - und er solle immer erst mit Cara sprechen, bevor er etwas ausprobieren würde. Da hatte er denn ein ganz schlechtes Gewissen, weil seine guten Ideen oft solchen Schaden anrichteten.

Cara war jetzt an vielen Tagen nur ganz kurz bei ihm und dann war sie verschwunden. Er fragte sich, wo sie wohl war und wann er endlich seine Antworten bekommen würde. Aber er übte immer schön weiter - unsichtbar, sich an andere Orte wünschen, Sachen verkleinern und vergrößern, Dinge unsichtbar machen, unsichtbare Dinge an andere Orte wünschen ... und da war er wieder - der Kobold in ihm. Warum hatte er nur den unsichtbaren Tisch aus der Küche in den Stall gewünscht. Der Menschenmann fiel darüber und tat sich sehr weh. Und Cara war nicht da, um schnell zu helfen. Aber Shadow hatte sie ja gut beobachtet - und er war sicher, er konnte dem Mann auch helfen. Also legte er seine Hand auf die Verletzung und murmelte, was er bei Cara gehört hatte "REPARAT". Aber nichts passierte - im Gegenteil, ihm tat jetzt auch alles weh. Er musste ganz furchtbar weinen, teilweise aus Enttäuschung und teilweise vor Schmerzen. Zum Glück kam da auch schon Cara und heilte den Menschenmann und ihn.

Als Shadow sich beruhigt hatte, schaute Cara ihn vorwurfsvoll an. Er könne doch nicht einfach jeden Zauber ausprobieren. Es gäbe Unterschiede zwischen Elfen und Kobolden. Nicht alles was Sie könnte, würde er lernen. Es gäbe aber auch Sachen, die nur er könnte. Jetzt war Shadow ganz überrascht. Über so etwas hatte er noch nie nachgedacht. sein schlechtes Gewissen wurde noch größer. Er wolle doch alles möglichst gut machen, aber er hatte das Gefühl, je mehr Mühe er sich gab, desto ungeschickter wurde er. Auch Cara schien sich etwas in der Art zu denken: "Vielleicht habe ich einen Fehler gemacht und alles falsch angefangen. Aber ich wollte nur das Beste. Lass Du mal das Zaubern bis ich wieder da bin, dann entscheiden wir weiter." Und mit dem ihr eigenen sanften Geräusch verschwand Cara wieder.

 


10 Kommentare:

  1. Ach je, der arme Shadow. Jetzt tut er mir richtig leid.

    Liebe Grüße
    Auenländerin

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  2. Wir kommen fast nicht mehr nach mit lesen, einfach spannend was da die Autorin aufs Papier gebracht hat - wir können einfach nur staunen. Shadow "auf der Schanuze" ist so toll auf dem Bild eingefangen, passt einfach wunderbar zur Geschichte.
    Herzliche Dankegrüsse vom winterlichen Jurasüdfuss senden Ayka mit Erika

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    1. Jetzt geht es in den Endspurt - ich hoffe, ihr habt weiterhin Zeit zum Lesen und erfreut euch an der Geschichte.
      Schön, dass euch auch das Bild gefällt!

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  3. Och, er meint es doch nur gut!
    Liebe Grüsse
    Nadine mit Ciarán

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    1. Tja - so ein kleiner Kobold kann es noch so gut meinen ... er ist halt keine Elfe ;)

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  4. Auch ich schaffe es kaum die Geschichte zu lesen. Immer wieder muss ich pausieren. Aber sie ist so niedlich, dass ich weiter lesen muss. Heute habe ich etwas Mitleid mit dem kleinen Kobold, der gänzlich überfordert ist.

    Viele liebe Grüße
    Sabine mit Socke

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    1. Nicht nur Du - der kleine Kobold hat es wirklich schwer ;) Ich freue mich, dass Du die Geschichte so niedlich findest ... und hoffe, Du findest immer mal wieder eine Lesemöglichkit!

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  5. Liebe Isabella,
    �� schon wieder so weit im Rückstand mit dem Kommentieren ��
    Aber es macht Spaß, noch einmal den Teil via PC zu lesen.
    Das Foto ist obersüß und passt natürlich.
    Schade, dass du mir den kleinen Kobold nicht für eine Zeit ausleihen kannst ��
    Auch die Elfe hätte hier viel zu tun...
    Liebe Grüße Heidi

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    1. Ich binh nir auch nicht sicher, ob Du nur mit dem Kobold so viel Freude hättest ... eine Elfe dazu macht es schon einfacher ;)
      Ich freue mich sehr, dass Du hier gerne liest!

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